Tempo 30 in Wohngebieten

Am 12. Mai wurde im Bau- und Umweltausschuss der Antrag von Bündnis 90 / Die GRÜNEN behandelt, in den Ortsteilen der Gemeinde Röhrmoos Tempo-30-Zonen auszuweisen, wo dies möglich und sinnvoll erscheint.. Beschlossen wurde noch nichts, sondern nur diskutiert und ein Stimmungsbild der Ausschussmitglieder eingeholt. Falls das Gemeinderats-Plenum den Empfehlungen des Ausschusses folgt, können Tempo-30-Zonen in folgenden Gebieten eingerichtet werden:

Röhrmoos: Blumenstraße und Lagerhausstraße

Großinzemoos: Häuserner Straße mit Kiefernweg und Sulzberg

Kleininzemoos: An der Leiten, Reindlstraße, Inzemooser Straße, Sandstraße, St.-Margareth-Straße, Maria-Geyer-Weg

Biberbach: Schulstraße und Lammerweg

Sigmertshausen: Im Bereich östlich der Hauptstraße ist eine Tempo-30-Zone laut Polizei-Empfehlung prinzipiell möglich, aber darüber soll erst nach einer erneuten Verkehrsmessung entschieden werden.

Arzbach: Für die scharfe S-Kurve beim Gasthof Kiermeir ist eine streckenbezogene Tempo-30-Begrenzung möglich.

Damit ist der Ausschuss weitgehend den Empfehlungen der Polizei gefolgt – die freilich nur beratende Funktion hat. Entscheiden kann die Gemeinde als zuständige Straßenverkehrsbehörde (mit Ausnahme der Kreisstraßen) in eigener Machtvollkommenheit. In der Diskussion wurde immer wieder gefordert, man solle doch die Anwohner*innen befragen, ob sie Tempo 30 befürworten. Im Fall Sigmertshausen ist das längst geschehen: Fridolin Artmann hatte dort letztes Jahr 160 Unterschriften für Tempo 30 gesammelt und dem Bürgermeister überreicht. Ist das nicht ein überzeugendes Votum?

Wir GRÜNE hatten in unserem Antrag vom Oktober 2020 gefordert, alle Gemeindestraßen, mit Ausnahme kleiner Stichstraßen, als Tempo-30-Zonen auszuweisen, sofern dort noch keine besondere Geschwindigkeitsbeschränkung gilt. Doch der Ausschuss konnte sich nicht dazu durchringen, auf so genannten „Hauptverkehrsstraßen“ Tempo 30 einzuführen, etwa auf der Unterweilbacher und Bgm.-Haller-Straße in Röhrmoos, der Niederrother Straße in Sigmertshausen und der Dorfstraße in Biberbach. Keinerlei Tempo-30-Schilder empfiehlt der Ausschuss für die Ortsteile Riedenzhofen und Rudelzhofen. Dabei würde sich in Riedenzhofen der gesamte Bereich östlich der Bahnhofstraße ideal als Tempo-30-Zobe eignen: Dort herrscht null Durchgangsverkehr, und es würden zwei Schilder ausreichen. In Großinzemoos, in der Weinsteigersiedlung, im Bereich Flurstraße/Plattenfeld gibt es doch längst Tempo-30-Zonen. Was haben diese Bereiche, was die anderen nicht haben?

Wie ist die Rechtslage zu Tempo 30?

Die Straßenverkehrsordnung unterscheidet ausdrücklich zwischen (zusammenhängenden) Tempo-30-Zonen und streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen an einzelnen Straßenabschnitten. Letztere sind nur zulässig, wenn eine besondere Gefahrenlage besteht – wie etwa in Arzbach an der S-Kurve.

Für Tempo-30-Zonen ist eine solche Gefahrenlage ausdrücklich nicht Voraussetzung. Die sind „insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf“ möglich. Der Begriff „Hauptverkehrsstraßen“ taucht da überhaupt nicht auf. Ausgeschlossen sind lediglich Straßen mit Ampeln, Leitlinien oder benutzungspflichtigen Radwegen. Außerdem muss innerhalb der Tempo-30-Zone generell „rechts vor links“ gelten.

Immerhin, ein bisschen was ist erreicht: ein zaghaftes Umdenken zugunsten von Anwohnern, Fußgängern, Radfahrern und spielenden Kindern. Andere europäische Länder sind da schon weiter: In Frankreich etwa gilt praktisch in allen Dörfern Tempo 30, auch auf der Durchgangsstraße. Und Spanien hat soeben Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts eingeführt.

Uns GRÜNEN geht es nicht darum, Autofahrer*innen zu gängeln, sondern auf unseren Straßen endlich wieder ein gleichberechtigtes Miteinander aller Beteiligten, ob zu Fuß oder motorisiert, zu erreichen. Straßen gehören nicht allein den Autofahrer*innen, vor allem wenn Gehsteige und Radwege fehlen. Das Projekt „Shared Spaces“ der Europäischen Union geht sogar noch weiter und fordert innerorts den völligen Verzicht auf Fahrbahnen, Rad- und Gehwege, Fußgängerinseln, Verkehrsschilder und Ampeln. Der öffentliche Raum soll nicht mehr den Bedürfnissen der Autofahrer*innen untergeordnet werden. Stattdessen wird ein rücksichtsvolles Miteinander von Autofahrer*innen, Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und spielenden Kindern angestrebt – die Verkehrsteilnehmer müssen sich selbst organisieren. In mehreren europäischen Orten wurde das Modell schon erprobt – mit Erfolg: https://www.planet-wissen.de/technik/verkehr/mobilitaet_von_morgen/pwiemodellprojektedermobilitaet100.html#Miteinander.

Mehr zu den Ausschussempfehlungen in den Dachauer Nachrichten:

https://www.merkur.de/lokales/dachau/roehrmoos-ort377161/tempo-30-ueberall-roehrmoos-geht-gar-nicht-90578272.html

https://www.merkur.de/lokales/dachau/roehrmoos-ort377161/tempo-30-nur-fuer-ein-wohngebiet-90656454.html